
Während sich der Staat aus immer mehr Bereichen
zurückzieht (Infrastruktur, Bildung, Soziales usw.), wird er
in einem Sektor immer aktiver: der Überwachung seiner BürgerInnen.
Die Tendenz zu vermehrter Überwachung gibt es schon seit vielen
Jahren, die Anschläge auf das World Trade Center haben dem
Ganzen eine neue Dimension gegeben. Falls es islamistischen Terrorgruppen
tatsächlich darum gegangen ist, sogenannte „westliche
Werte“ wie Freiheit und Privatsphäre zu bekämpfen,
so waren sie sehr erfolgreich. Unter dem Schlagwort „Kampf
gegen den Terror“ werden zur angeblichen Verteidigung der
„westlichen Werte“ genau diese abgeschafft. Wenn es
um unsere Freiheitsberaubung geht, herrscht zwischen EU-Kommission,
österreichischer und US-Regierung jedenfalls Einigkeit.
Der Datenschutz und die Privatsphäre werden zunehmend
löchriger, der Überwachungsstaat immer allgegenwärtiger.
Dieser Trend hat verschiedene Ursachen:
-
Die Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten
werden laufend ausgeweitet
-
Die internationale Vernetzung dieser Dienste
wird verstärkt
-
Die technischen Möglichkeiten werden immer
besser
-
Die geänderten Lebensgewohnheiten (Kreditkarten,
Mobiltelefone, Internet) erzeugen und hinterlassen immer mehr
Daten, wodurch der Trend verstärkt wird
-
Firmen haben immer größere Begierden
und Möglichkeiten nach Daten
-
Der Datenschutz ist weder gesetzlich noch im
öffentlichen Bewusstsein gut vertreten
Die Gefährdung des Datenschutzes spielt sich
auf allen Ebenen ab:
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durch staatliche Überwachungsgesetze und
–maßnahmen
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durch EU-weite Überwachung (z.B. ENFOPOL)
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durch weltweite Überwachung (z.B. ECHOLON)
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durch Überwachung der Beschäftigten
seitens des Arbeitgebers
-
durch Überwachung der KonsumentInnen durch
Unternehmen
Aktuelle Bedrohung: Fingerabdrücke
in Reisepässen!
Bislang wurden in Österreich nur Deliquenten
und Tatverdächtigen Fingerabdrücke abgenommen. Geht es
nach Innenminister Platter sollen in Hinkunft alle ÖsterreicherInnen
„erkennungsdienstlich behandelt“ werden. Im April 2008
hat Platter den Entwurf zum neuen Passgesetz ausgesendet. Demnach
sollen ab 2009 bei neuen Reisepässen auch Fingerabdrücke
sowohl im Pass, als auch in einer zentralen Datei gespeichert werden.
Fadenscheinige Begründung
Die Abnahme von Fingerabdrücken Unbescholtener stellt
einen Tabubruch und eine weitere Verschärfung des Überwachungsstaates
dar. Zwei Gründe werden für Fingerabdrücke im Reisepass
genannt: (1) Fälschungssicherheit und (2) dass es sich dabei
um eine EU-Vorgabe handelt. Diese Begründungen sind mehr als
fadenscheinig.
· Fälschungssicherheit: Laut Mitteilung
des Innenministerium wurden im Jahr 2007 ganze 10 (in Worten: zehn)
gefälschte österreichische Pässe beschlagnahmt. Dafür
kann also der ganze Aufwand (Kostenpunkt rund 1, 5 Millionen Euro)
nicht betrieben werden.
· Umsetzung einer EU-Richtlinie: Biometrische Daten und Fingerabdrücke
in Reisepässen wurden vom EU-Innenministerrat beschlossen.
Ein Zirkelschluss: Innenminister Platter beruft sich auf eine Entscheidung,
die von einem österreichischen Innenminister (Strasser) mitbeschlossen
wurde. Ein Innenminister beruft sich also auf einen anderen Innenminister
- ein demokratiepolitischer Wahnsinn!
Was wirklich dahinter steckt
Tatsächlich soll damit eine alte Westenthaler-Idee
(„Fingerabdrücke von allen“) und der Traum jedes
Überwachungsfreaks umgesetzt werden. Dafür spricht auch,
dass man zukünftig auch für Personalausweise Fingerprints
braucht. Es sollen also Fingerabdrücke von der gesamten Bevölkerung
gesammelt werden, ohne dass es dabei Schlupflöcher gibt. Alle
Abdrücke werden zentral in der Passdatenbank abgespeichert.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es eine lückenlose Daten-Sammlung
aller StaatsbürgerInnen gibt. Diese Informationen können
dann für alle möglichen (und unmöglichen) Zwecke
verwendet werden. Auch ein Abgleich und Austausch mit anderen Staaten
ist nur eine Frage der Zeit.
Neben dem nicht mehr vorhandenen Datenschutz, gibt
es noch weitere Risiken: Fingerabdrücke können auch gefälscht
und gestohlen werden. Wie beweist man dann, dass man trotz vorgefundener
Fingerabdrücke nicht am „Tatort“ war? Was passiert,
wenn man als UrlauberIn nicht weiterreisen kann, weil an einer Grenzstation
die Software ausfällt? Wie schützt man sich dagegen, dass
die auf einem Chip gespeicherten Passdaten nicht von einem unbefugten
Detektor ausgelesen werden?
All das zeigt: Widerstand gegen das neue Passgesetz
ist notwendig und dringend. Im Herbst 2008 soll das Gesetz nämlich
vom Nationalrat beschlossen werden.
Die nächste Bedrohung: Chipkarte – der Krankenschein
des gläsernen Patienten
Urspünglich war nur geplant, dass eine Chipkarte
den bisherigen Krankenschein ersetzen soll. Da aber solch eine Karte
mehr kann, als bloß Name und Sozialversicherungsnummer zu
speichern (dafür würde auch ein Pappendeckelkärtchen
reichen), wurden die Begehrlichkeiten größer. Nächster
Schritt war der Vorschlag, "freiwillig" auch Notfallsdaten
(Blutgruppe, Allergien) darauf zu vermerken. Es wurde auch darüber
nachgedacht, alle Befunde, Gesundheitsuntersuchungen, Krankheiten,
Impfungen, verschriebenen Medikamente usw. darauf zu abzuspeichern.
Nach Plänen der Regierung sollte dies Karte zu einer "Bürgercard"
ausgebaut werden. Weiters kam von Bankenseite der Vorschlag, die
schon vorhandenen Bankomatkarten dafür zu verwenden. Wenn alle
- oder auch nur ein Teil – dieser Vorschläge verwirklicht
würden, wäre der Überwachungsalptraum perfekt: Auf
einer Karte wären dann sowohl sämtliche Gesundheitsdaten,
Daten aus dem Melderegister, Schulnoten, Geburts-, Tauf- und Heiratsurkunden,
sowie Informationen über die finanzielle Situation und über
alle Geldflüsse einer Person abgespeichert. Ein Paradies für
Bespitzler!

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